Ernährungsverhalten – wenn Essen krank macht
Essen ist eines der Grundbedürfnisse des Menschen und etwas alltägliches. Jeden Tag müssen wir Nahrung zu uns nehmen, damit der Körper überhaupt „läuft“ und alle Funktionen aufrechterhalten bleiben können. Durch einen Lebenswandel, der nicht nur der Industrialisierung westlicher Regionen geschuldet ist, hat sich das Ernährungsverhalten vieler Menschen jedoch verändert. Anders als früher, sind wir nunmehr an jeder Ecke mit Lebensmitteln konfrontiert. Dies nicht zuletzt deshalb, da das Angebot an Fast Food im Laufe der letzten Jahre stetig gewachsen ist. Insbesondere in stressigen Zeiten, ist dies eine willkommene Möglichkeit für jeden von uns, schnell an etwas zu Essen zu kommen.
Diese meist hochkalorischen und mit Geschmacksverstärkern angereicherten Lebensmittel, bringen direkt eine Unterbrechung in den stressigen Alltag. Aufgrund dieser positiven Effekte steigert das selbstverständlich unser Verlangen hiernach und der Konsum steigt. Gleichzeitig besteht jedoch das Problem, dass die Mehrheit von uns sitzenden Tätigkeiten nachgeht. Bewegungsmangel mit einem Überangebot von Essen und in Kombination mit anderen Stressoren, führt langfristig zu einem starken Ungleichgewicht, welches mit, nicht zuletzt durch über z. B. soziale Medien vermittelte Schönheitsideale versucht wird, zu kompensieren. So möchten wir einerseits viel Essen, um Stress zu regulieren, andererseits haben wir nicht ausreichend Bewegung, die diesen Kalorienüberschuss kompensieren kann und darüber hinaus ist es uns wichtig, ein bestimmtes Körperideal darzustellen.
Streben nach Körperidealen
Körperideale sind oftmals vermeintlich perfekte und durchtrainierte Körper. Mittlerweile ein wahrer Lifestyle geworden, an dem sich viele, insbesondere jüngere Menschen, egal welchen Geschlechts, orientieren. Da wir Menschen uns selbst ständig sozialen Vergleichen aussetzen, bleibt es nicht aus, dass wir mit der Zeit eine Diskrepanz zwischen uns und dem vermeintlichen Idolen der sozialen Medien feststellen.
An einem perfekten Körper muss man arbeiten. Das bedeutet neben hartem Training auch, seine Ernährungsverhalten und seine Ernährungsgewohnheiten anzupassen bzw. umzustellen. Und am liebsten möchte man das Ganze in nur wenigen Wochen erreichen. Man möchte perfekt sein, um sein Selbstbild aufzuwerten und in den sozialen Vergleichen, die wir täglich vornehmen für uns selbst gut abzuschneiden. Wir möchten uns selbst, aber vielmehr noch anderen gefallen. Also viele Dinge auf einmal – uns entgleitet die Kontrolle. Und an dieser Stelle wird es kritisch.
Ernährungsverhalten und Kontrollverlust
Was passiert, wenn wir in diversen Lebensbereichen einen Kontrollverlust erleben? Wir konzentrieren uns auf die Dinge, die wir kontrollieren können. Und das sind grundlegende Prozesse wie das Ernährungsverhalten bzw die Nahrungsaufnahme. Oftmals beginnt dieser Prozess schleichend. Zunächst wird etwas, was man vorher mit großem Appetit gegessen hat weggelassen. Und irgendwann werden es immer mehr Nahrungsmittel, die plötzlich nicht mehr Teil unseres Ernährungsplans sind. Gleichzeitig sinkt die Zahl auf der Waage, die Pfunde purzeln und das Feedback von außen ist in den meisten Fällen positiv.
Das spornt uns weiter an. Wir fühlen uns wohl – zunächst. Doch mit der Zeit merkt man, dass es einem nicht mehr möglich ist, viele Dinge des Alltags zu bewältigen. Man beschäftigt sich 24/7 mit Essen. Man fühlt sich schlapp und müde, aber man schränkt seine Nahrungsaufnahme dennoch weiter ein. So weit, dass sie deutlich unter dem Grundumsatz liegt. Essen wird zur Qual. Man kann sich nicht mehr mit Freunden treffen, um etwas essen zu gehen. Essen wird eine Bedrohung. Es könnte ansetzen und das Gewicht auf der Waage steigen. Man hat Angst, wieder auszusehen wie früher und das möchte man unbedingt vermeiden.
Teufelskreis restriktives Ernährungsverhalten
Und so steckt man schnell in einem Teufelskreis. Da der Körper selbst einen sehr ausgeprägten Überlebensinstinkt hat, versucht er, die sehr restriktiven Phasen der Nahrungsaufnahme durch Heißhungerattacken, die in Essanfällen mit Kontrollverlust münden, zu kompensieren. Dann nimmt man in kurzer Zeit Nahrungsmengen zu sich, die andere Menschen in der gleichen Zeit nicht zu sich nehmen. Bevorzugt sind das süße, fetthaltige und kalorienreiche Nahrungsmittel.
All das, was man dem Körper lange Zeit entzogen hat. Auf diese Phasen des Überessens folgt jedoch meist eine noch stärkere Einschränkung, um diesen „Zwischenfall“ wieder ausgleichen zu können. Hinzu kommt exzessiver Sport, Erbrechen oder die Einnahme von Laxantien. Und an dieser Stelle bewegen wir uns weit weg von einem geregelten Ernährungs- bzw. Essverhalten. Vielmehr befinden wir uns hier in dem Bereich gestörten Essverhaltens.
Gestörtes Essverhalten
Gestörtes Essverhalten ist nicht immer direkt besorgniserregend. Man sollte nicht zu voreilig sein und zu schnell den Verdacht einer manifesten Essstörung hegen. Oftmals sind es auch Phasen, in denen die Nahrungsaufnahme von der Norm abweicht. Halten diese Phasen jedoch länger als 6 Monate an und besteht ein erheblicher Leidensdruck, sowie im Falle der Anorexia Nervosa (auch Magersucht genannt) ein deutlicher Gewichtsverlust mit einem BMI geringer 19 oder einer deutlichen Gewichtszunahme wie im Falle der Binge-Eating-Störung.
Was bedeutet Binge-Eating?
Binge Eating charakterisiert durch ständig wiederkehrende Heißhungerattacken, in denen eine durch Kontrolleinbrüche gekennzeichnete deutlich über der Norm liegende Kalorienaufnahme erfolgt) mit einem BMI über 25, oder es liegen Anzeichen einer Bulimia Nervosa (auch Ess-Brech-Sucht genannt; BMI 19 – 25 kg/m²) vor, ist es ratsam sich professionelle Hilfe zu suchen und abklären zu lassen, inwiefern Hilfe bei der Bewältigung benötigt wird.
Die hier genannten Essstörungen können auch ineinander übergehen. Sie sind sehr komplex und der Beginn und der Verlauf unterschiedlich, weshalb hierauf in folgenden Artikeln näher eingegangen wird. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass niemand vor der Entwicklung einer Essstörung gefeit ist und es sich hierbei um ein ernsthaftes Problem handelt, sofern sich das Ernährungsverhalten nicht nach kurzer Zeit wieder normalisiert. Essstörungen, egal welcher Art, sind ein sehr präsentes Problem in der heutigen Gesellschaft. Oftmals werden sie abgetan. Helfen sie den Betroffenen doch in der ersten Zeit nur allzu gut, anderweitige Probleme zu kompensieren.
Infolgedessen fehlt oftmals die Einsicht und somit auch die Handlungsbereitschaft, sich auf die Suche nach Hilfe zu begeben und diese auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Je früher hier jedoch Einsicht herrscht, desto besser sind die Chancen und Möglichkeiten den sich noch am Anfang befindenden Teufelskreis zu durchbrechen und wieder in ein geregeltes Essverhalten mit einer positiven Einstellung zu seinem eigenen Körper zu finden.